NAWARO-CASCADING

Unterstützung und Aufbau eines Pilotprojektes zur kaskadischen Nutzung von Steirischen Früchten

Kurzbeschreibung

Status

abgeschlossen

Kurzfassung

Ausgangslage des Projektes "NaWaRo-Cascading" ist die Tatsache, dass im "Agrarland Österreich" bestimmte Regionen für den Obst- bzw. den Steinobstanbau geradezu prädestiniert sind. So gilt die Marille als bekanntes Markenzeichen der Wachau und in der Steiermark wird seit Generationen eine köstliche Vielfalt von Steinobst - Zwetschken, Kirschen, Pfirsiche aber auch Marillen - von früh- bis spätreifen Sorten kultiviert und "veredelt". Steinobst-Früchte sind sowohl für den Frischgenuss als auch als süße Spezialität (Marmeladen, Konfitüre, Gelees, Fruchtsäfte) - und als Edelbrände sehr beliebt.

Doch der tatsächliche Nutzen der regionalen Steinobst-Vielfalt beschränkte sich bisher fast ausschließlich auf die Verwertung der Frucht, auf den Genuss und die Verarbeitung des saftigen Fruchtfleisches und des aromatischen Saftes. Auf das Innere der Frucht, auf den weichen Kern mit der harten Schale wurde kein besonderer Wert gelegt. Im Gegenteil, kaum ein Obstverarbeiter wusste damit etwas Vernünftiges anzufangen. Die Kerne galten als lästiger Abfall, manchmal wurden sie getrocknet und anschließend verbrannt, zumeist aber wurden sie irgendwo deponiert - um zu verschimmeln und zu verrotten.

Hauptziel des vorliegenden Forschungsvorhabens war deshalb die Auslotung von Verwendungsoptionen für Obstkerne als Nebenprodukte aus der Landwirtschaft - "NaWaRo" = nachwachsende Rohstoffe - und die Bereicherung der Produktpalette von Angeboten in und aus der südoststeirischen Thermenregion = "Wellness-Regio". "Cascading" bedeutet, das Prinzip der "Multifunktionalität", nämlich die Fähigkeit eines Produktes, mehrere Dienstleistungen zu bieten, intensiv zu verfolgen. Im Mittelpunkt des Forschungsvorhaben stand daher die Frage: Auf welche Weise lässt sich die verfügbare Multifunktionalität - in diesem Fall von Steinobst - durch technische und nachhaltige Systemlösungen verfügbar machen?

In der Entwicklung von Stoffkaskaden bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen, besonders bei sog. "Pflanzenrestmassen" liegt in der Tat ein erhebliches unausgeschöpftes Potenzial. Die Gewinnung von Wertstoffen aus einer heterogenen Pflanzenmatrix bedingt, dass der Rest des Rohstoffes (z.B. Obstkerne bei der Saft- und Marmeladenfabrikation) als Nebenprodukt anfällt. Soll dabei kein Abfallproblem entstehen und erweist es sich darüber hinaus als gewinnbringend, ist die Nutzbarmachung eben dieser Reststoffe durchaus als lukrative, nachhaltige und vor allem zusätzliche Einkommensquelle willkommen.

Wir haben unsere F&E-Arbeiten auf die Bearbeitung folgender Fragen ausgerichtet:

  • Wie lassen sich Obstkerne von Kirsche, Marille, Pfirsich und Zwetschke gewinnen, reinigen, brechen und in verwertbare Komponenten (harte Schale und weicher Kern) auftrennen?
  • Lässt sich aus den Kernen Öl gewinnen, welcher Qualität und wofür ist es geeignet?
  • Welche Bestandteile sind wofür geeignet?
  • Welche Produkte können direkt aus den Kernen bzw. aus dem Öl, dem Presskuchen und aus den harten Schalen hergestellt werden und wie sind die Zukunftsaussichten?
  • Die Methoden der wissenschaftlichen Bearbeitung mussten sich einerseits an der verfügbaren Technologie und Naturstoff-Analytik orientieren, andererseits waren sehr häufig auch Kreativität, ungewöhnliche Kombinationsgabe und ein hohes Maß an technischem Fingerspitzengefühl gepaart mit Frustrationstoleranz gefordert.

Das Projekt "NaWaRo-Cascading für die Wellness-Regio" hat die Ressorcenverschwendung der Obstkerne zum Anlass genommen klügere Systemlösungen zu finden. Konkret wurden wichtige Grundlagen zur regionalen Kaskadennutzung von Restmassen der Steinobstfrüchte Pfirsich, Marille, Zwetschke und Kirsche erarbeitet. Besonderer Wert wurde dabei auf die feinstofflichen und funktionellen Qualitäten zur Wertschöpfung im Konditorei-, Lebensmittel-, Kosmetik-, Wellness- und Werkstoffbereich gelegt.

Wir haben im Laufe der Untersuchungs- und Entwicklungsarbeiten eine Vielzahl von realen Produktmöglichkeiten vorgeführt, die nun von den beteiligten Unternehmen aufgegriffen und im Markt etabliert werden können. Beispiele dafür sind Persipan, Cherrypan, Marillopan und Prunipan oder ein Edelekrokant für die Schokalademanufaktur, das aus den Softkernels von Zwetschken oder Kirschen gewonnen wird. Auch eignen sich die nativen frischgepressten Kernöle hervorragend für die gehobene Küche und Gastronomie. Diese Öle wie auch der Presskuchen sind ebenso wertvolle Bestandteile im Frische- und Naturkosmetiksektor, wie dieses Projekt eindrucksvoll belegt hat. Schliesslich können selbst die harte Schale der Obstkerne im mikronisierten Zustand als Füllstoff für Polymere und die etwas grobkörnigeren Fraktionen als technische Abrasiva für heikle Oberflächenreinigungen eingesetzt werden, ohne die vorhandene Rauhigkeit der Metalloberfläche zu erhöhen - im Gegenteil: verrusste und verkrustete Aluminiumteile werden damit sogar auf Hochglanz poliert.

Für spezifische Anwendungen ist vertiefende Recherche-, Upscaling und Demonstrationsarbeit notwendig:

So bedarf es z.B. einer speziell adaptierten Brech- und Schältechnologie, die den multiplen Anforderungen heimischer Obstkerne gerecht wird. Hier ist bereits angedacht, mit einer österreichischen Maschinenbaufirma und einem Strahlmittererzeuger im Rahmen der "Fabrik der Zukunft" ein Demonstrationsvorhaben durchzuführen.

Im Hinblick auf die Entwicklung naturkosmetischer Formulierungen scheint vor allem die Eignung der weichen Kerne und des Presskuchens als Emulgator, Wirkstoff- und Aromakomponente von Interesse. Die emulsierende Kraft der Obstkern-Matrix birgt ein hohes Innovationspotenzial.

Weiters lassen die bisherigen Ergebnisse des Projektes den Schluss zu, dass die mikronisierten und fraktionierten Kernschalen als vegetabile Strahlmittel die besten Aussichten haben und zwar für besonders schonende Anwendungen in der Kfz-Industrie bzw. in der Luft- und Raumfahrt und sogar als Füllstoff für Polymere bieten sich die Kernschalen an.

Fasst man die Ergebnisse und die erfolgversprechenden Anwendungsmöglichkeiten von "NaWaRo-Cascading" zusammen, haben die von uns untersuchten Steinobstfrüchte über den beliebten Fruchtgenuss hinaus Einiges zu bieten: als preiswerte, nachwachsende und nachhaltige Rohstoffe könnten Obstkerne und ihre Bestandteile aufgrund ihrer immanenten Vorteile im Vergleich zu konventionellen Ressourcen ein echter Verkaufshit werden. Denken wir dies weiter, steht am Ende ein Leuchtturm für die "Fabrik der Zukunft", der aus einem Obstkern gewachsen ist.

Publikationen

NaWaRo-Cascading für die Wellness-Regio

Untersuchung der kaskadischen Nutzungsmöglichkeiten von Steinobst-Restmassen im Food- und Non-food-Bereich
Schriftenreihe 18/2003 E. Wimmer, H. Mackwitz, S. Schemitz, U. Burner, W. Stadlbauer
Deutsch, 221 Seiten, vergriffen

Downloads zur Publikation

Projektbeteiligte

Projektleitung:

DI Elmar Wimmer
Technisches Büro Ing. Elmar Wimmer

Partner:

  • Alois Gölles Schnapsbrennerei und Essigmanufaktur, Riegersburg
  • Schnapsbrennerei und Likörerzeugung, Ing. Gebhard Ferschli, Weichselbaum
  • Josef Zotter, Zotter Schokoladen, Riegersburg
  • Ölmühle Fandler, Pöllau
  • Ringana Naturkosmetik, Hartberg

Kontaktadresse

TB Ing. Elmar Wimmer
e + c engineering & consulting
4840 Vöcklabruck, Dürnauerstr. 99
Tel.: 07672/238020
E-Mail: e.wimmer@e-c.at